Wer sind unsere Kund*innen? Und wenn ja, wie viele

Zahlreiche Entscheidungen im Handel basieren auf Einschätzungen über Zielgruppen. Doch wie tragfähig sind diese Aussagen eigentlich? In vielen Unternehmen entstehen Bilder von Kund*innen beiläufig. Sie ergeben sich aus Gesprächen im Team, aus Erfahrungen im Verkauf oder aus Mustern, die sich im Arbeitsalltag wiederholen. Was als gefestigte Meinung gilt, ist häufig nicht mehr als eine unreflektierte Annahme.

  • „Unsere Zielgruppe will günstige Preise.“
  • „Kund*innen entscheiden oft spontan.“
  • „Das kennen wir schon, das klappt bei uns nicht.“

Solche Sätze wirken vertraut, sind aber selten systematisch überprüft. Sie beeinflussen trotzdem Sortimente, Marketingmaßnahmen und Entscheidungen über neue Angebote. Wer mit Personas arbeitet oder Zielgruppenarbeit ernst nimmt, sollte wissen, worauf solche Einschätzungen beruhen und wie sich mit ihnen methodisch umgehen lässt.

Alltagswissen hat Wirkung

Aussagen über Kund*innen entstehen selten im Rahmen strukturierter Prozesse. Sie ergeben sich im Gespräch unter Kolleg*innen, im Reklamationsgespräch oder in der täglichen Beobachtung des Kaufverhaltens. Einzelne Stimmen, Wiederholungen oder persönliche Eindrücke verfestigen sich schnell zu scheinbaren Gewissheiten. Ob sie zutreffend sind, bleibt meist offen.

Trotzdem prägen sie strategische und operative Entscheidungen. In der Sortimentsgestaltung, im Marketing, in der Kundenkommunikation oder in der Bewertung von Innovationen. Besonders kritisch wird es, wenn solche Aussagen als Grundlage für Zielgruppenarbeit dienen, ohne dass ihre Herkunft reflektiert wurde.

Vom Eindruck zur Einschätzung

Professionelle Zielgruppenarbeit beginnt nicht mit neuen Daten, sondern mit einem bewussten Umgang mit vorhandenem Wissen. Ein erster Schritt kann darin bestehen, Aussagen über Kund*innen sichtbar zu machen und ihre Entstehung zu dokumentieren. Entscheidend ist nicht die Bewertung, sondern die Klärung: Beruht die Aussage auf einer fundierten Beobachtung, auf Zahlen oder auf Routinen, Meinungen oder Erfahrungen Einzelner?

Ein einfacher Beobachtungsimpuls kann dabei unterstützen. Er hilft, typische Aussagen im Alltag zu erfassen, ihren Kontext zu benennen und ihre angenommene Grundlage festzuhalten. Das klingt schlicht, ist aber ein wirkungsvoller Ansatz, um implizites Wissen systematisch nutzbar zu machen.

PDF: Beobachtungsimpuls zur Reflexion von Kundenwissen. Der Impuls steht nach Anmeldung zum begleitenden Webinar zur Verfügung.

Zum kostenfreien Webinar und PDF

Zwischen formeller Analyse und gelebter Praxis

Nicht jedes Unternehmen verfügt über umfangreiche Marktforschung oder differenzierte Zielgruppendaten. Aber jedes Unternehmen arbeitet mit Annahmen. Wer diese sichtbar macht, kann fundierter entscheiden und gezielter mit Unsicherheiten umgehen. Das gilt im stationären Einzelhandel ebenso wie in digitalen oder hybriden Geschäftsmodellen.

Im stationären Umfeld ist es sinnvoll, Aussagen systematisch zu sammeln. Möglich ist das zum Beispiel durch kurze Gesprächsnotizen, dokumentierte Kundenbeobachtungen oder Rückmeldungen aus dem Service. In digitalen Kontexten entstehen Einschätzungen häufig aus Nutzungsdaten, Klickpfaden oder Conversion-Raten. Auch dort empfiehlt es sich, Hypothesen und deren Grundlage nachvollziehbar zu dokumentieren. Das gelingt zum Beispiel durch strukturierte Auswertungen, die gezielt qualitative und quantitative Quellen kombinieren.

In der Praxis kann das bedeuten:

  • Nutzerfeedback aus Supporttickets wird kategorisiert und regelmäßig ausgewertet
  • Kommentare und Rückmeldungen aus sozialen Medien werden inhaltlich codiert und in Themenfeldern gebündelt
  • Onsite-Tracking-Daten werden mit konkreten Fragestellungen abgeglichen, etwa: Welche Inhalte rufen bestimmte Zielgruppen auf, welche Produkte werden angesehen, aber nicht gekauft?
  • Newsletter-Klickverhalten oder Absprungraten werden nicht nur gemessen, sondern im Zusammenhang mit formulierten Annahmen überprüft

Solche Auswertungen müssen nicht aufwendig sein. Entscheidend ist, dass die Auswertung bewusst entlang konkreter Fragestellungen erfolgt und nicht nur zur nachträglichen Bestätigung bestehender Annahmen dient.

In allen Fällen ist es hilfreich, zwischen Eindruck, Interpretation und belegbarer Erkenntnis zu unterscheiden. Diese Differenzierung ist eine wichtige Grundlage für die strukturierte Auseinandersetzung mit den eigenen Zielgruppen.

Praxisimpuls mit Perspektive

Der Beobachtungsimpuls ist Teil des kostenfreien Webinars „Buyer Personas im Handel“ von innector, meiner Plattform für den Wissenstransfer in den Handel. Das Webinar bietet einen fundierten Einstieg in die strukturierte Auseinandersetzung mit Zielgruppenwissen. Wer darüber hinaus mit Personas arbeiten möchte, findet im begleitenden Kursangebot zwei unterschiedliche Formate:

  • Der Basic-Kurs bietet einen kompakten Einstieg mit Arbeitsbuch, Canvas und zentralen Vorlagen
  • Der Advanced-Kurs vertieft Methoden, zeigt typische Denkfehler auf und erweitert den Blick durch Reflexionshilfen und kritische Impulse

Beide Kurse richten sich an Fach- und Führungskräfte im Handel, die Zielgruppenarbeit als strategisches Werkzeug verstehen und nicht als formale Pflicht.

Weitere Informationen zu den Persona-Kursen. Wenn Sie Fragen haben, sprechen Sie mich gern an.

Foto von Jose Manuel Esp auf Unsplash

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