Sortimentsanalyse im Handel: Grundlagen, Methoden und Perspektiven

Sortimentsanalyse im Handel: Grundlagen, Methoden und Perspektiven

Was ist eine Sortimentsanalyse und warum ist sie wichtig?

Eine Sortimentsanalyse ist kein einmaliger Check. Sie ist ein strukturierter Prozess, um zu erkennen, wie gut das eigene Sortiment zur Zielgruppe, zur Positionierung und zur wirtschaftlichen Realität des Geschäfts passt. Sie hilft, fundierte Sortimentsentscheidungen zu treffen, Potenziale zu identifizieren und Widersprüche aufzudecken, die im Alltag oft unbemerkt bleiben.

In der Praxis wird Sortimentspflege häufig als rein operative Aufgabe verstanden: Artikel einlisten, auslisten, Aktionen planen. Doch dahinter stehen strategische Fragen. Eine fundierte Sortimentsanalyse setzt genau dort an, nämlich bei der Verbindung zwischen Profil, Kundenerwartungen und Wirtschaftlichkeit. Wer sein Sortiment bewerten will, braucht mehr als Absatz- oder Umsatzdaten. Entscheidend ist die Einordnung: Welche Rolle erfüllt das Produkt? Welche Zielgruppe spricht es an? Welche Funktion hat es im Produktportfolio?

Welche 2 Fragen sollten Sie zuerst stellen?

Viele Sortimentsanalysen beginnen mit Zahlen. Das wirkt logisch, führt aber oft zu technisch sauberen Auswertungen ohne strategische Aussagekraft. Zwei einfache Fragen bringen häufig deutlich mehr Erkenntnis:

  • Wofür steht unser Unternehmen?
  • Passt unser Sortiment noch dazu?

Diese Fragen zwingen zur Auseinandersetzung mit Profil, Haltung und strategischer Sortimentslogik. Sie helfen, das Sortiment nicht isoliert zu betrachten, sondern im Zusammenhang mit Zielgruppe, Markenbild und wirtschaftlichen Zielen. Wer darauf keine klare Antwort findet, sollte nicht mit Excel starten, sondern mit dem, was das Sortiment im Kern leisten soll.

🛑 Stopp: Der häufigste Fehler beim Start

80% aller Händler überspringen die strategischen Grundfragen und starten direkt mit Excel-Tabellen. Das Ergebnis: Technisch korrekte, aber strategisch sinnlose Analysen.
Faustregel: Können Sie Ihr Geschäftsprofil nicht in 2 Sätzen erklären, wird Ihre Sortimentsanalyse zum Zahlenfriedhof.

→ Vertiefend: Sortimentsfit? Zwei Fragen, die mehr zeigen als Zahlen

Welche Kennzahlen sind wirklich wichtig?

Kennzahlen gehören zur Standardauswertung im Handel. Umsatz, Absatz, Lagerumschlag oder Deckungsbeitrag helfen, Sortimentsbereiche wirtschaftlich zu bewerten. Doch sie zeigen nur einen Ausschnitt. Wer das Sortiment gezielt analysieren will, braucht eine Bewertung, die über bloße Zahlen hinausgeht.

Zahlen allein erklären nicht, warum sich ein Produkt verkauft, welche Zielgruppe es anspricht oder wie es zum Profil des Unternehmens passt. Die Sortimentsanalyse im Handel verbindet deshalb Kennzahlen mit Kontextwissen und wird so zur Grundlage tragfähiger Entscheidungen.

Die 3 wichtigsten W-Fragen zu Ihren Zahlen

  • Warum verkaufen sich bestimmte Produkte besser?
  • Welche Sortimentsbereiche entwickeln sich auffällig?
  • Welche Artikel leisten wirtschaftlich einen Beitrag und welche nicht?

Diese Fragen helfen, Muster zu erkennen und Prioritäten zu setzen. Sie machen sichtbar, wo Sortimentsstärken liegen und wo Lücken, Überhänge oder Unschärfen auftreten. Sie sind der erste Schritt, um Zahlen nicht nur zu beobachten, sondern zu deuten.

ABC-Analyse und Co: Hilfreich, aber nicht alles

Instrumente wie die ABC-Analyse, Renner-Penner-Auswertung oder Deckungsbeitragsrechnung haben sich im Handel bewährt. Sie zeigen, welche Artikel besonders umsatzstark oder absatzschwach sind. Doch ohne Einordnung bleiben sie eine technische Übung.

Die Sortimentsanalyse fragt nicht nur nach dem Verkaufserfolg, sondern auch nach Passung, Profilwirkung und Kundenbezug. Deshalb ersetzen Zahlen keine Strategie. Erst wenn Auswertung und Ziel zusammen gedacht werden, entsteht eine verlässliche Grundlage für Entscheidungen.

→ Vertiefend: Kennzahlen für die Sortimentsanalyse: Welche Zahlen zählen wirklich?

Warum reicht Excel nicht aus?

VViele Sortimentsanalysen enden bei der Datenerhebung. Tabellen mit Artikelnummern, Umsätzen oder Lagerwerten zeigen zwar, was verkauft wird und wie sich Bestände entwickeln. Doch sie erklären nicht, welche Funktion das Sortiment im Geschäft erfüllt.

Wer sein Sortiment analysieren will, braucht mehr als eine strukturierte Datei. Entscheidend ist die Frage:

  • Für wen ist es gemacht?
  • Welche Sortimentsbereiche spiegeln das Profil wider?
  • Welche Produkte erzeugen Aufmerksamkeit oder Vertrauen?

Excel liefert Kennzahlen. Die Sortimentsanalyse sucht nach Zusammenhängen. Sie fragt, welche Produkte Vertrauen schaffen, Orientierung bieten oder das Profil schärfen. Erst wenn diese Funktionen sichtbar werden, kann aus Zahlen eine wirkungsvolle Sortimentsentscheidung entstehen.

→ Vertiefend: Sortimentsanalyse ist keine Excel-Übung

Woran erkennen Sie veraltete Sortimente?

Sortimente verändern sich entweder bewusst oder sie veralten schleichend. Neue Zielgruppen bleiben unberücksichtigt, bestehende Routinen setzen sich fort, Produkte geraten aus dem Blick. Einzelne Artikel verkaufen sich vielleicht weiterhin, doch das Gesamtbild wird unklar.

Ein Sortiment, das nicht mehr zur Zielgruppe passt oder keinen erkennbaren Fokus hat, verliert Wirkung. Es erschwert die Orientierung, senkt die Wiederkehrrate und wirkt beliebig. Wer sein Sortiment regelmäßig überprüft, erkennt früher, ob es noch zum Profil, zur Handelsstrategie und zur Nachfrage passt.

🚨 Schnell-Check: Ist Ihr Sortiment veraltet?

✅ Kunden fragen oft: “Haben Sie auch…?”
✅ Mitarbeiter können das Sortiment nicht mehr erklären
✅ Lagerräume sind voll, aber Umsatz stagniert
✅ Neue Artikel werden nach Bauchgefühl eingekauft

3+ Punkte erfüllt? Ihre Sortimentsanalyse ist überfällig.

→ Satirisch zugespitzt: 5 Wege, wie Sie Ihr Sortiment garantiert veralten lassen

Welche Methoden funktionieren in der Praxis?

Eine Sortimentsanalyse ist kein starres Verfahren. Je nach Fragestellung, Datenlage und Unternehmensgröße kommen unterschiedliche Methoden zum Einsatz. Entscheidend ist nicht die Vollständigkeit, sondern die Passung zur jeweiligen Situation.

In der Praxis bewährt haben sich unter anderem:

  • ABC-Analysen zur Bewertung der Umsatzverteilung
  • Bewertungsmodelle mit gewichteten Kriterien
  • Zielgruppenabgleich, zum Beispiel mit Personas
  • Umfeldanalysen, etwa nach Standort oder Frequenz
  • Kombination qualitativer und quantitativer Ansätze

Nicht jede Analyse muss komplex sein. Für viele Entscheidungen reicht ein strukturierter Mini-Check. Entscheidend ist, dass die Methode zur Fragestellung passt und konkrete Erkenntnisse liefert.

Wie lässt sich eine Sortimentsanalyse beginnen?

Der Einstieg in die Sortimentsanalyse muss nicht aufwendig sein. Ein klarer Rahmen und eine erste Struktur reichen aus, um belastbare Erkenntnisse zu gewinnen. Wichtig ist, den Anfang nicht mit Datensammeln zu verwechseln.

Folgende Schritte haben sich bewährt:

  • Ziel klären: Was soll die Analyse leisten? Geht es um Optimierung, Bereinigung oder Neuausrichtung?
  • Profil und Zielgruppe bewusst machen: Für wen ist das Sortiment gedacht und wofür steht das Unternehmen?
  • Einfach starten: Ein Mini-Check oder eine grobe Bewertung nach Produktgruppen kann reichen
  • Kennzahlen gezielt auswählen: Nur Zahlen nutzen, die zur Fragestellung passen

Sortimentsanalyse ist keine einmalige Maßnahme. Sie wird wirksam, wenn sie Teil einer kontinuierlichen Sortimentspflege wird.

Wie lange dauert eine Sortimentsanalyse?

Das hängt vom Ziel, der Tiefe der Analyse und den vorhandenen Daten ab:

  • Schnell-Check: 2 bis 4 Stunden für erste Erkenntnisse
  • Grundanalyse: 1 bis 2 Arbeitstage für eine systematische Bewertung
  • Tiefenanalyse: 1 bis 2 Wochen bei komplexen Sortimenten oder mehreren Standorten

Wichtiger als der Aufwand ist die Verlässlichkeit der Ableitungen. Eine einfache Analyse mit klarem Fokus bringt oft mehr als eine aufwendige ohne Ziel.

💪 Vom Wissen zum Handeln: Ihre nächsten 3 Schritte

1. Top-3-Erkenntnisse notieren (was hat Sie überrascht?)
2. 1 Sofortmaßnahme definieren (was ändern Sie diese Woche?)
3. Umsetzungstermin festlegen (wann starten Sie?)

Erfahrung: Analysen ohne Umsetzungsplan bleiben wirkungslos.

Wie oft sollte ich mein Sortiment analysieren?

  • Grundanalyse: einmal jährlich oder bei strategischen Veränderungen
  • Quick-Checks: quartalsweise bei wichtigen Warengruppen
  • Beobachtung: monatlich auf Basis von Kennzahlen, Renner-Penner-Listen oder Rückmeldungen

Der passende Rhythmus hängt von Sortiment, Geschäftsmodell und Dynamik im Markt ab. Entscheidend ist nicht die Häufigkeit, sondern die Relevanz der Beobachtung.

Weiterdenken: Vom Analyseimpuls zur Veränderung

Eine Sortimentsanalyse ist kein Selbstzweck. Sie dient nicht der Bestandsaufnahme, sondern der Orientierung. Sie macht sichtbar, was wirkt, was fehlt und was sich verändert hat und schafft so die Grundlage für gezielte Anpassungen.

Veränderung kann viele Formen annehmen:

  • eine Bereinigung überlagerter Sortimentsbereiche
  • eine Neusortierung nach Zielgruppen, Funktionen oder Preislagen
  • eine Fokussierung auf das, was das Profil stärkt
  • eine gezielte Sortimentserweiterung

Was sinnvoll ist, ergibt sich nicht aus einer Methode, sondern aus dem Zusammenspiel von Zahlen, Beobachtungen und strategischem Anspruch. Wer sein Sortiment aktiv steuern will, braucht keine perfekte Analyse, sondern den Mut, aus klaren Erkenntnissen konkrete Schritte abzuleiten.

Im Onlinekurs Sortimentsanalyse im Handel finden Sie Methoden, Vorlagen und Materialien, um diesen Prozess gezielt zu gestalten. Die Inhalte orientieren sich an den Anforderungen des Handels und lassen sich unabhängig von der Betriebsgröße umsetzen.

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Weiterführende Artikel zur Sortimentsbewertung, Zielgruppenpassung und typischen Fehlern finden Sie im Blog unter dem Thema Sortimentsanalyse.

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