Preisstrategien im Handel bestehen nicht nur aus der Summe aller Einzelpreise. Sie bilden das strategische Rückgrat, das darüber entscheidet, ob Sortimentsentscheidungen langfristig erfolgreich sind oder im Wettbewerbsdruck scheitern. Viele Händler*innen und Category Manager*innen unterschätzen dabei die Komplexität einer durchdachten Preisstrategie und setzen stattdessen auf reaktive Preisanpassungen ohne strategischen Rahmen.
Die Anatomie einer funktionierenden Preisstrategie
Eine durchdachte Preisstrategie umfasst weit mehr als die reine Preisfindung. Sie definiert Preislagen von Einstieg über Mittel bis Premium, legt Spreizungen zwischen günstigsten und teuersten Produkten fest und berücksichtigt Staffelungen nach Größen, Mengen oder Varianten. Besonders wichtig sind dabei Paketangebote wie Sets, Bundles oder Ergänzungen, die Kund*innen zusätzlichen Mehrwert bieten.
Ein praktisches Beispiel: Ein Sportfachgeschäft strukturiert sein Laufschuh-Sortiment bewusst in drei Preislagen. Die Einstiegsmodelle bei 60-80 Euro sprechen preisbewusste Gelegenheitsläufer*innen an, die Mittelklasse zwischen 100-150 Euro bedient ambitionierte Hobbysportler*innen, während Premium-Modelle über 200 Euro Leistungssportler*innen ansprechen. Diese klare Struktur erleichtert sowohl die Beratung als auch die Kaufentscheidung.
Sortimentsrollen strategisch mit Preisen unterstützen
Besonders wirkungsvoll wird eine Preisstrategie, wenn sie die verschiedenen Rollen einzelner Sortimentsbereiche gezielt unterstützt. Das Basissortiment benötigt stabile Preise als Vertrauensanker mit geringer Schwankungstoleranz. Profilsortimente können wertig und differenzierend bepreist werden, da hier emotionale Aufladung wichtiger ist als direkter Preisvergleich.
Frequenzartikel müssen dagegen attraktiv und routiniert bepreist bleiben, weil sie preislich sensibel sind und regelmäßig im Blick der Kundschaft stehen. Impulsartikel bieten hingegen Spielraum für flexible Preissetzungen und erlauben es, verschiedene Preisschwellen zu testen.
Szenarien für bewegliche Märkte entwickeln
In volatilen Zeiten entscheidet nicht die Fähigkeit zur Vorhersage über den Erfolg, sondern die Vorbereitung auf verschiedene Entwicklungsszenarien. Steigen Kosten sprunghaft, stellt sich die Frage: Wo lassen sich Kosten weitergeben, wo nicht? Bei preissensibler werdenden Kund*innen müssen Händler*innen identifizieren, welche Produkte besonders im Fokus stehen. Unterbietet der Wettbewerb dauerhaft, gilt es zu entscheiden, wo sich Gegenhalten lohnt und wo eher Differenzierung angebracht ist.
Eine systematische Vorbereitung durch Mini-Matrizen hilft dabei, für verschiedene Szenarien die betroffenen Bereiche, mögliche Reaktionen, erwartete Folgen und den Handlungsbedarf zu durchdenken. Diese Methodik ermöglicht es, in kritischen Situationen schneller und fundierter zu entscheiden.
Preiskommunikation als strategisches Instrument
Wie Preise kommuniziert werden, beeinflusst maßgeblich ihre Wahrnehmung. Gerade bei Preisanpassungen lohnt sich ein bewusster Umgang mit Sprache und Kontext. Anstatt nur über Rabatte zu kommunizieren, können Händler*innen den Wert hervorheben, die Herkunft zeigen, Veränderungen begründen oder Vergleiche einordnen.
Formulierungen wie “besonders langlebig”, “aus der Region” oder “trotz Erhöhung günstiger als Wettbewerber X” können Verständnis und Akzeptanz für die gewählte Preisstruktur schaffen. Diese Form der Preiskommunikation geht über die reine Rabattlogik hinaus und stärkt die Positionierung des gesamten Sortiments.
Eine durchdachte Preisstrategie wird zum Wettbewerbsvorteil, wenn sie systematisch entwickelt, regelmäßig überprüft und strategisch kommuniziert wird. Im Online-Kurs Sortimentsanalyse lernen Sie, wie Sie diese Methoden konkret in Ihrem Handelsunternehmen umsetzen und für nachhaltigen Erfolg nutzen.

