Viele Sortimentsanalysen beginnen bei den Zahlen. Das ist sinnvoll. Wirtschaftlichkeit lässt sich messen. Artikel lassen sich einordnen in Renner und Penner, Sortimentsanteile berechnen und Deckungsbeiträge vergleichen. Doch bevor Zahlen verglichen und Tabellen ausgewertet werden, lohnt sich ein anderer Blick. Zwei einfache Fragen bringen oft mehr überraschende Erkenntnisse als ein aufwendiges Controlling.
- Wofür steht Ihr Unternehmen?
- Und passt Ihr Sortiment noch dazu?
Diese Fragen führen nicht zur perfekten Artikelverteilung. Sie führen zur Auseinandersetzung mit Haltung, Strategie und Wirkung. Und sie führen oft zu Einsichten, die mit Zahlen allein nicht sichtbar werden.
Was macht Sie als Unternehmen aus?
In größeren Handelsunternehmen ist das oft klar formuliert. Dort gibt es einen Purpose, Markenleitbilder, Positionierungen, visuelle Leitlinien und strategische Zielbilder. Kleinere Betriebe arbeiten anders. Sie entwickeln ihr Profil meist aus dem Alltag heraus. Es entsteht aus dem persönlichen Umgang, aus dem Angebot, aus dem Stil der Präsentation. Es entsteht über viele Jahre hinweg. Aber selten wird es explizit ausgesprochen. Und noch seltener aufgeschrieben.
Wer nicht formuliert, kann auch nicht gezielt entscheiden. Erst wenn deutlich wird, wofür das eigene Geschäft steht, lassen sich Sortimentsentscheidungen bewusst treffen. Solange dieses Fundament fehlt, bleibt vieles unsichtbar. Zum Beispiel, warum bestimmte Artikel eigentlich im Sortiment sind. Oder warum andere immer wieder dazukommen, ohne dass sie zum Profil passen. Auch das Zusammenspiel mit der Zielgruppe bleibt unklar, wenn nie formuliert wurde, für wen man eigentlich einkauft. Die Sortimentsstruktur wirkt dann schnell beliebig.
Entscheidungen orientieren sich dann eher an Gewohnheiten, an persönlichen Vorlieben oder an dem, was sich gerade gut verkauft, nicht an dem, was das Geschäft gegenüber den Kund*innen auszeichnen soll.
Wenn Ihr Sortiment sprechen könnte, was würde es sagen?
Sortimente kommunizieren. Nicht laut, aber deutlich. Sie zeigen, was ein Geschäft wichtig findet. Sie vermitteln Haltung, auch wenn diese nie ausgesprochen wurde. Und manchmal zeigen sie auch Widersprüche, die intern vielleicht lange unbemerkt geblieben sind.
Ein Sortiment, das nicht bewusst gestaltet wurde, kann ganz unterschiedliche Botschaften senden. Einige davon begegnen mir in der Praxis regelmäßig:
- „Wir bieten an, was verfügbar ist. Auswahl zählt mehr als Aussage.“
- „Für wen wir eigentlich einkaufen, ist nicht so klar. Hauptsache, es geht raus.“
- „Wir wollen niemanden ausschließen. Deshalb bleibt lieber alles im Sortiment.“
- „Wir haben schon immer so gearbeitet. Es hat bisher funktioniert.“
All das ist nachvollziehbar. Es wird jedoch kritisch, wenn das Sortiment beginnt, das eigene Profil zu untergraben. Ein Angebot, das widersprüchliche Signale aussendet, macht es Kund*innen schwer, zu erkennen, wofür ein Geschäft steht.
Für den Moment mag das keine spürbaren Folgen haben. Manche Artikel verkaufen sich trotzdem. Doch auf Dauer wirkt sich ein uneinheitliches Bild auf das Vertrauen aus. Wer nicht einordnen kann, wofür ein Geschäft steht, bleibt auch als Kund*in unverbindlich. Die Kundenbindung und damit die Wiederkehrrate sinkt. Weiterempfehlungen werden seltener ausgesprochen. Die Vergleichbarkeit steigt. Und mit ihr die Abhängigkeit von Preisaktionen, Frequenzbringern oder Zufallstreffern.
Ein Sortiment, das konsistent wirkt, macht es dagegen leichter, Entscheidungen zu treffen. Es schafft Orientierung. Es vermittelt Anschluss an Erwartungen und Haltungen. Und es trägt dazu bei, dass ein Geschäft als verlässlich und unterscheidbar wahrgenommen wird.
Das bedeutet nicht, dass jedes Sortiment perfekt kuratiert sein muss. Aber es sollte erkennbar sein, ob dahinter eine Haltung steht oder ein historisch gewachsener Mix ohne Richtung.
Ein bewusst gestaltetes Sortiment sagt etwas anderes:
- „Wir wissen, wofür wir stehen. Und unser Angebot zeigt das auch.“
- „Nicht alles, was sich verkauft, gehört automatisch dazu.“
- „Unser Sortiment ist keine Zufallssammlung. Es ist eine Auswahl mit Richtung.“
- „Wir kennen unsere Kund*innen und verstehen, was sie erwarten, wünschen oder benötigen.“
Ein Sortiment entsteht nicht im luftleeren Raum. Es verbindet das, was ein Unternehmen ausmacht, mit dem, was für die eigene Zielgruppe relevant ist. Wer nur auf sich selbst blickt, verliert den Anschluss. Wer nur auf den Markt reagiert, verliert das eigene Profil. Erst die Verbindung beider Perspektiven ermöglicht fundierte Entscheidungen über das Sortiment.
Mini-Check: Erste Fragen zur Sortimentspassung
Im kostenfreien Webinar Sortimentsanalyse im Handel erhalten Sie mehrere PDF-Impulse zur Reflexion. Einer davon ist ein kompakter Mini-Check mit fünf Fragen. Er hilft, ein erstes Gefühl dafür zu bekommen, wie gut Ihr Sortiment noch zu dem passt, was Ihr Geschäft ausmacht. Die Fragen sind so formuliert, dass sie auch ohne Zahlen erste Spannungsfelder sichtbar machen.
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Vom Gefühl zur fundierten Entscheidung
Wenn Sie gezielt weiterarbeiten möchten, finden Sie im begleitenden Online-Kurs eine strukturierte Anleitung. Mit Methoden, Vorlagen und Reflexionshilfen, die Ihnen helfen, Ihr Sortiment systematisch zu analysieren und bewusst weiterzuentwickeln.
Foto von Claudio Schwarz auf Unsplash